KUNST
Die Auseinandersetzung des Glaubens mit Kunst der Gegenwart ist einer der Eckpfeiler der Gemeinde Sankt Ruprecht. Interventionen zeitgenössischer Künstler*innen sind regelmäßig zu Gast in St. Ruprecht und setzen wichtige Impulse für die Gemeinde.
ab 22. Februar 2023 bis 27. Mai 2023
Blue-Green Christ

Die Darstellung des gekreuzigten Christus hat sich im Laufe der Geschichte geändert, je nachdem, welche Erfahrung in dieser Zeit als die wichtigste angesehen wurde. So kennen wir den mittelalterlichen Christus auf Tafelbildern, einen anderen aus der Renaissance, dem Barock oder aus dem 19. Jahrhundert. Im 20. Jahrhundert wird der Körper mehr und mehr stilisiert, abstrahiert und verschwindet in seiner Konkretheit. Manchmal scheint die künstlerischste Art der Darstellung nur ein reines Zeichen aus zwei sich kreuzender Linien zu sein – horizontal und vertikal, ganz ohne den menschlichen Körper.
Thomas Merton stellt in dem Buch „Das Wasser von Siloe“ fest, dass es für die Seele sehr wichtig ist, ob sie eine Person oder ein abstraktes Konzept lieben soll. Können wir uns vorstellen, dass zum Beispiel die heilige Teresa von Avila mit zwei gekreuzten Stöcken eine Ekstase erlebte? Oder hätte der heilige Franziskus die Worte „Franziskus, geh und baue mein Haus wieder auf, das, wie du siehst, ganz und gar in Verfall gerät.“, von einem abstrakten Zeichen gehört? Könnte der heilige Ignatius von Loyola empfehlen, über den Gekreuzigten ohne den Körper des Gekreuzigten zu meditieren?
Das Bild „Der blaugrüne Christus“ wirft die Frage auf, wie können wir heute den Gekreuzigten darstellen? Der Körper hängt nicht am Kreuz, sondern in der Fläche des grünen Kreises. Es basiert auf dem Verständnis vom Christus als Baum des Lebens. Wir können unter dem Gemälde stehen, den Kopf heben und versuchen, neu zu fragen.
Dorota Sadovska